Fede Alavarez ist Alien-Fan. Aber reicht das aus, einen guten Film in diesem fiktiven Universum zu machen? Der uruguayische Filmregisseur hat noch nicht viele Werke geschaffen. Zwei stechen allerdings heraus: Evid Dead und Don´t Breathe. Davor drehte er Serienfolgen oder Kurzfilme. Sein Kurzfilm Ataque de Pánico wird von Kritikern gelobt. Fede Alvarez ist gerne im Horrorgenre unterwegs. Das alles schürte bei einigen Hoffnung, dass der neue Film „Alien: Romulus“ ein Erfolg werden kann. Mir allerdings kamen Zweifel auf. Immerhin musste sogar Altmeister Ridley Scott Schiffbruch mit „Alien: Convenant“ erleiden, wobei ich den Vorgänger Prometheus durchaus für gelungen halte. Was also schafft so ein Neuling in der Filmbranche? Bei „Alien: Romulus“ treten immerhin Ridley Scott und auch Walter Hill als Produzenten auf. Ihr Einfluss auf dem Film aber ist recht gering.
In der Hauptrolle spielt Cailee Spaney als Rain Carradine einen, und ich muss es so deutlich sagen, schwachen Abklatsch von Ripley alias Sigourney Weaver. Sie wird zunächst als unterlegen und zu vorsichtig dargestellt, um dann später alleine gegen Monster mutig zu bestehen. Hier bedient sich Fede Alvarez sogar deutlich aus Aliens von James Cameron. Nicht nur die Szenen mit dem Fahrstuhl wird einigen bekannt vorkommen, sogar die Einstellung und die Art und Weise, wie Rain mit der Waffe im Anschlag vor dem Schacht steht, ist entweder eine Hommage. All das zieht sich durch den ganzen Film. Fanservice, aber einfach zu überdreht. Damit meine ich nicht die Kulisse. Die ist nämlich sehr gelungen. Alte Computer, schmutziges Geräte, staubige Untergründe – klasse, das ist das Alienuniversum. Hinzu kommt das dumpfe Tackern der Computerschrift. Auch im Sounddesign blieb man beim Altbewährten. Das ist durchaus lobend zu erwähnen. Hinzu kommt der Score von Benjamin Wallfisch, der sich thematisch an Jerry Goldsmith und James Horner hält, aber der letzte Pfiff einfach fehlt. Zudem gibt es mehrere musikalische Anleihen an den Score von „2001: Odyssee im Weltraum“. Jene finden sich auch filmisch wieder. Da ist das Andocken an die Raumstation mit der Rotation oder der verzweifelte Befehl Rains an den Androiden: „Open the door!“
Die Charaktere haben keine Konturen. Sie sind mir als Zuschauer egal. Man fiebert nicht mit, wenn jemand vom Alien angegriffen wird. Jetzt wird einem erst richtig bewusst, was für ein unglaubliches Können Schauspieler wie Sigourney Weaver, John Hurt, Yaphet Kotto, Tom Skerritt, Bill Paxton, Michael Biehn und Lance Henriksen an den Tag legen. Einzig und allein David Jonsson in seiner Rolle des Androiden David liefert ab. Der Rest fällt unter ferner liefen.
Die ersten drei Teile der Aliensaga sind zusammen ein Meisterwerk. Sicherlich ist die Version von David Fincher nicht ganz so stark, aber das liegt auch eher daran, dass James Cameron mit „Aliens“ einfach die Latte unheimlich hoch angesetzt hat. Und daran messen sich nun mal auch die folgenden Filme. Der vierte Teil von Regisseur Jean-Pierre Jeunet hatte vor allem ein ganz großes Manko: Das Ende. Ich kenne keinen, der das Riesenbaby-Alien in Design und Idee gut fand. Designer H.R. Giger wird hier schlichtweg ins Gesicht geschlagen. Und was macht Fede Alvarez? Er kopiert die Situation. Warum? Dieses Etwas am Ende ist lächerlich. Hier zeigt der Regisseur, dass er aus dem Horror kommt und damit macht er vieles kaputt. Alien ist nicht nur Horror. In Alien steckt mehr. Es ist ein eigenes Genre. Um da genau die Stimmung zu treffen, ist sicherlich nicht einfach. Fede Alvarez liegt definitiv daneben. Er schafft einen simplen Scifi-Horror, der mit zahlreichen Kopien aus den vorherigen Teilen eine Art Mosaikbild der Alien-Filmgeschichte schafft. Nur passen die Teile teils gar nicht stilistisch zusammen, sind völlig verblast oder überzogen.
Und wie sieht es mit den Spezialeffekten aus? Da kann der Film einiges vorweisen. Gelungen sind die Aufnahmen vom Eisgürtel und wie sich die Raumstation an dem Ring aufreibt. Auch die Kulissen passen in das Alienuniversum. Ich habe mich allerdings gewundert, dass die CGI beim Androiden Ash ziemlich holprig aussah. Das geht besser. Was bleibt ist ein weiterer misslungener Aliennachfolger, aber ein Scifi-Horror, den man sich schon gut ansehen kann. Muss man dafür ins Kino gehen? Nun ja, die Weltall-Aufnahmen sind schon klasse und wirken auf der großen Leinwand. Doch damit endet bereits die Argumentation. Es reicht auch, darauf zu warten, dass Disney+ den Film ins Programm nimmt.
Meckern und Kritisieren ist ja einfach. Aber was wünscht sich denn ein Alien-Fan wie ich es bin zukünftig? Die Trilogie ist perfekt. Aliens von James Cameron, insbesondere der Director´s Cut, ist pure Anspannung und Mitfiebern. Kann man eigentlich überhaupt da heran reichen? Ridley Scott hat es selbst nicht geschafft. Dass der Charakter Ripley nicht mehr dabei ist, mag ebenso problematisch sein. Sie verkörpert den idealen Gegenspieler zum Alien. Genau deswegen ist die Herangehensweise, die Fede Alvarez gewählt hat, genau falsch. Man kann den Charakter nicht kopieren. Es reicht auch keine Hommage. Gleiches gilt für die komplette Story. Es muss nicht die starke Frau sein, die am Ende den Endgegner besiegt und in den weiten des Weltalls im Cryo-Schlaf verschwindet. Das Grundrezept stimmt ja: eine verzweifelte Gruppe von Menschen im engen Raum, es taucht ein Monster auf und irgendjemand macht das Licht aus. Doch darüber hinaus kann doch etwas Neues gestrickt werden. Das wünsche ich mir: Mehr Mut, aber bei den Grundzutaten bleiben. Und bitte, Konturen, es fehlen Konturen, Ecken und Kanten bei den Schauspielern – äußerlich als auch charakterlich. Vielleicht aber ist „Alien“ auch einfach zu Ende erzählt und man sollte alles dabei belassen.